Nach Bildung der sozialliberalen Koalition in Bonn kam es 1970 zu ersten Begegnungen zwischen den Regierungschefs der beiden deutschen Staaten. Dem Besuch von Bundeskanzler Brandt in Erfurt am 19.3.1970 folgte am 21.5.1970 ein Gegenbesuch von DDR-Ministerpräsident Stoph in Kassel. Verhandlungsgegenstand war der Entwurf eines 'Vertrages über die Aufnahme gleichberechtigter Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik', den der DDR-Staatsratsvorsitzende Ulbricht im Dez. 1969 übersandt hatte. Brandt stellte dem nun einen 20-Punkte-Katalog für eine 'vertragliche Regelung der besonderen Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten' gegenüber. Beide Seiten vereinbarten, den Meinungsaustausch nach einer 'Denkpause' (Stoph) fortzuführen. Die Begegnung war überschattet von rechtsextremen Ausschreitungen (Flaggenschändung, behinderte Kranzniederlegung), die beinahe zur vorzeitigen Abreise der DDR-Delegation geführt hätten.