Ursprüngl. war G. die Kunst der Landvermessung, neben der Zahlentheorie die klass. mathemat. Grunddisziplin, die Wiss. der Größen und Formen. Die ersten Anfänge der G. als mathemat., d.h. beweisende Diziplin schreibt man Thales von Milet (um -624/-545 v.Chr.) und Pythagoras (um -570/-500 v.Chr.) zu. Das mathemat., speziell das geometr. Wissen der antiken griech. Mathematik ist in den 'Elementen' des Euklid (um -300 v.Chr.) zusammengefaßt und dokumentiert eine erstaunl. Blüte frühen mathemat. Denkens, das bis vor 200 Jahren die wiss. G. bestimmte. Die euklid. G. galt lange als die einzig mögliche. Ein methodolog. wichtiger Fortschritt war die Entwicklung der analyt. G., die auf Descartes (1596/1650) zurückgeht. Sie ordnet den Punkten des Raumes Koordinaten zu, die so zu Paaren oder Tripeln von Zahlen, allg. zu n-tupeln, das sind geordnete Mengen von Zahlen, werden, und behandelt die geometr. Figuren und Verhältnisses in algebraischer Weise.

In der Geschichte der G. hat die Frage nach der Unabhängigkeit des Parallelenaxioms von den anderen euklid. Axiomen eine Schlüsselrolle gespielt. Viele Mathematiker mühten sich, seine Abhängigkeit zu beweisen, d.h. es als Folgerung aus den übrigen Axiomen abzuleiten. Es überstieg lange die Vorstellungskraft, geometr. Verhältnisse zu denken, in denen eine Negation des Parallelenaxioms gilt. Verständl. wird dies aus dem ontolog. Charakter, der den geometr. Axiomen und Sätzen intuitiv beigemessen wurde. Erst Gauß, Lobatschewski u.a. wagten um 1820 diesen Gedanken. Seitdem gibt es die nicht-euklid. G., die hyperbol. und ellipt. G. In der hyperbol./ellipt. G. ist das Parallelenaxiom ersetzt durch die Aussage, daß es zu einer vorgegebenen Geraden durch einen Punkt außerhalb von ihr stets mehr als eine/keine Parallele gibt. Einfache Modelle hierfür liefern die Punkte im Innern eines Kreises zusammen mit den Sehnen als Geraden (Kleinsches Modell der hyperbol. G.) bzw. die Paare diametraler Punkte einer K
Mit der Entdeckung nicht-euklid. G. setzte eine Wandlung nicht nur des geometr. sondern auch des gesamten mathemat. Denkens ein. Die Auffassung, geometr. Axiome und Sätze seien Beschreibungen und Erkenntnisse über die Wirklichkeit, verschwand zugunsten einer konventionalist. Auffassung. Hilbert hat dies in seinem Buch 'Grundlagen der Geometrie' (1899) klar formuliert. Er schließt die Epoche der Mathematik endgültig ab, die mit der antiken griech. Mathematik begann und durch die 'Elemente' des Euklid und deren philosoph. Abhängigkeiten bestimmt war. Heute bestimmen verschiedenartige Axiomensysteme die mathemat. Theorien, die streng genommen nichts als formale, in sich geschlossene Systeme sind.